Kreislaufwirtschaft. Teetrester als wertvolle Ressource.
Die Döhler Gruppe ist globaler Hersteller technologie-basierter natürlicher Inhaltsstoffe für die Lebensmittel-, Getränke- und Ernährungsindustrie. In den rund 50 Produktionsstätten weltweit entstehen bei der Herstellung der Hauptprodukte verschiedene Seitenströme, die von dem Unternehmen nicht entsorgt, sondern als Rohstoffe im Sinne der Kreislaufwirtschaft, weiterverwendet werden. Dazu gehören auch sogenannte Teetrester. Was das ist und wie er für Anwendungen genutzt werden kann, die mit Tee auf den ersten Blick nichts zu tun haben, erklären Willi Moor, bei der Firma Döhler im Business Development tätig, und Produktmanagerin Sabine Schlage.
Die bei der Produktion von Teeextrakten zurückbleibenden Teeblätter werden im Sinne der Kreislaufwirtschaft weiter genutzt. Wie sieht das genau aus?
Willi Moor: Wir verwenden Früchte, um z.B. Säfte herzustellen sowie Teeblätter, um daraus Extrakte zur Herstellung von Teegetränken zu gewinnen. Dazu werden die Früchte und auch die Teeblätter ausgepresst. Übrig bleiben die sogenannten Trester, also Pressrückstände aus dem jeweiligen Herstellungsprozess. Die Herausforderung ist es, diese nassen Rückstände zu trocknen, um sie haltbar und verwertbar zu machen. Mit dem Trocknen und weiteren mechanischen Schritten entsteht eine Faser, die auf ganz unterschiedliche Weise verwendet werden kann. Hier beginnt der Kreislauf.
Sabine Schlage: In verschiedenen Projekten mit Forschungsinstituten, wie zum Beispiel der TU Berlin oder in Kooperation mit Start-ups, haben wir verschiedene Wege gefunden, die getrockneten Teetrester wiederzuverwenden. Uns kommt dabei zugute, dass unsere Inhaltstoffe in sehr vielen Industriezweigen genutzt werden und wir dadurch über ein weltweites Partnernetzwerk verfügen.
Wofür werden die Fasern aus den Teetrestern genau genutzt?
Willi Moor: Der erste Bereich, in dem wir uns eingebracht haben, war die Verpackungsindustrie. Hier werden aus unseren Trestern pflanzliche Kunststoffe gemacht. Teetrester bieten zudem die Möglichkeit, Dinge in einer bestimmten Farbe einzufärben. Diese Eigenschaft nutzen wir bei der Papierherstellung, aber auch in Kosmetikprodukten. So haben wir mit unseren Partnern z.B. ein Trockenshampoo zum Einfärben von grauen Haaransätzen entwickelt. Die Herausforderung war in diesem Fall, die Teefasern so weit zu zerkleinern, dass sie durch den Sprühkopf der Trockenshampooflasche passen. Bei anderen Produkten hat uns die Konsistenz der Trester hingegen eher geholfen, bei einem Peeling zum Beispiel. Ein weiteres tolles Beispiel ist die Nutzung der Teetrester zur Herstellung eines pflanzlichen, stabilen und wasserfesten Lederimitats. Technisch wäre sicher noch viel mehr möglich.
Handelt es sich bei diesen Beispielen um erste Pilotprojekte?
Willi Moor: All unsere Produkte lassen sich ohne Weiteres industriell nutzen und gehen zum Teil auch in Kürze in die Produktion. Häufig stellen wir jedoch fest, dass die Käufer am Markt noch nicht bereit sind, sich für Recyclingprodukte aus der Kreislaufwirtschaft zu entscheiden. Das liegt nicht immer nur am Preis. Häufig geht es um Produkteigenschaften, die den Produktnutzen nicht einschränken, sich aber von den Eigenschaften herkömmlicher Produkte unterscheiden. Ein gutes Beispiel ist das nicht reinweiße Recyclingpapier. Dies wird immer noch nicht so akzeptiert, als dass es das herkömmliche gebleichte Papier am Markt vollständig ersetzen kann. Der Markt ist noch nicht so weit. Und das ist schade. Meine persönliche Meinung ist, dass wir endlich anfangen müssen, ehrlich zu uns zu sein und Nachhaltigkeit auch in letzter Konsequenz zu leben. Dazu gehört jede kleine bewusste Kaufentscheidung, die am Ende eine positive Auswirkung haben kann.
Was bedeutet das für die Umsetzung der Kreislaufwirtschaft in den Unternehmen?
Sabine Schlage: Sowohl in den Unternehmen als auch bei den Verbraucherinnen und Verbrauchern brauchen wir einen Bewusstseinswandel. Was wir heute vielfach noch als Abfall bezeichnen, kann sich – wenn wir genauer hinsehen und kreativ werden – als eine wichtige Ressource entpuppen, mit der wir endliche Rohstoffe ersetzen können. Wir haben bereits konkrete Ideen für weitere Möglichkeiten und werden diese aktiv vorantreiben. Als Unternehmen und Gesellschaft können wir es uns nicht leisten, auf diese wertvollen Ressourcen zu verzichten.