Praxisbeispiel: Reisen zu den Lieferanten

Reisen zu den Lieferanten sind unersetzlich

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Kontrollen aus dem fernen Deutschland oder direkt vor Ort, bei ihrer Arbeit entscheiden sich Maximilian Frick und Leonie Monske vom Teegroßhandel Kirchner, Fischer & Co. so oft wie möglich für letzteres. Der persönliche Kontakt zu den Lieferanten und ihren Mitarbeitenden in den Ursprungsländern ist für sie unersetzlich. Auch wenn die Reisen manchmal anstrengend sind, verlassen sich die beiden bei der Lieferantenauswahl immer wieder auf ihre Erfahrungen und bisweilen spielt sogar ihr „Bauchgefühl” eine ausschlaggebende Rolle bei der Entscheidung für eine Zusammenarbeit.       

Sie führen in den Herkunftsländern Ihrer Rohwaren Kontrollen und Audits durch. Wie und was passiert da? Was erwarten Sie von Ihren Lieferanten?

Maximilian Frick: Wir verbringen vor Ort so viel Zeit wie möglich in den Räumlichkeiten der Lieferanten. Wir wollen genau dort sein, wo der Tee hergestellt wird. Auffälligkeiten sehen wir am schnellsten direkt in der Produktionsstätte. Zum Beispiel, dass dort viel Holz gelagert wird, mit dem der Tee eventuell doch noch getrocknet wird, obwohl dies geschmacksmindernde Rückstände hinterlässt und vom Gesetzgeber verboten ist. Wenn wir zwei Tage vor Ort Zeit haben, können wir allerdings nur einen Bruchteil der Anbauflächen wirklich in Augenschein nehmen. Teilweise sind diese so unzugänglich, dass wir große Schwierigkeiten haben alles persönlich zu kontrollieren. Deswegen ist am Ende die Analyse von Verschiffungs- und Ankunftsmustern für uns immer noch das wichtigste Tool der Kontrolle. Dabei zeigt uns besonders der Umgang mit schlechten Analyseergebnissen, ob wir es mit einem vertrauenswürdigen Partner zu tun haben. Wenn wir Lieferanten hier auf etwaige Missstände ansprechen, hat deren Reaktion darauf für uns viel Aussagekraft. Wird die Transparenz, die wir erwarten, eingehalten? Oder heißt es dann: `Kann ja nicht sein, ihr müsst das noch mal zur Analyse schicken.`

Und wie erkennen Sie vor Ort, wenn etwas nicht stimmt?

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Leonie Monske: Wenn wir vor Ort sind, wollen wir so dicht wie möglich an der Prozesskette sein und auch daran teilhaben. Zum einen, weil wir natürlich immer etwas dabei lernen, zum anderen weil wir dort soziale Umstände oder auch Missstände erkennen können. Selbst kleine Dinge wie etwa das Mittagessen vor Ort sind uns wichtig. Deshalb bestehen wir darauf, nicht essen zu gehen oder in der separaten Kantine für Factory Manager und Geschäftsführer zu essen. Wir wollen mit den Arbeitern an einem Tisch zu sitzen, um beispielsweise zu sehen, ob es vernünftiges Trinkwasser gibt. Wird es abgelehnt, dass wir uns unter die Leute mischen, werden wir misstrauisch und sind schon haarscharf an einem KO-Kriterium.

Wenn Sie Missstände feststellen, kontrollieren sie dann noch mal nach?

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Leonie Monske: Uns ist beispielsweise aufgefallen, dass die Beschäftigten eines Lieferanten in der Produktion keine Schuhe tragen. Wir wollten dann wissen, warum das so ist. Dabei geht es ja auch um Arbeitssicherheit und die Einhaltung von Hygienestandards. Wollen die Mitarbeiter keine Schuhe tragen? Hat das kulturelle oder hierarchische Hintergründe? Und können wir die Leute mal persönlich fragen, warum sie keine Schuhe tragen? Wir adressieren das auch schriftlich und bitten um eine glaubwürdige Stellungnahme. Im beschriebenen Fall trugen die Mitarbeiter tatsächlich aus kulturellen Gründen keine Schuhe. Unsere Nachfrage führte jedoch dazu, dass dort, wo es aus Gründen des Arbeitsschutzes oder aus hygienischen Gründen angezeigt war, fortan Schuhe getragen wurden.

Wie geht es weiter, nachdem Sie auf Missstände hingewiesen haben?

Maximilian Frick: Wir betrachten, ob vielleicht schon allein unsere Nachfrage dafür gesorgt hat, dass die Sache aus der Welt geschafft wurde. Oder wir erhalten dazu eine glaubwürdige Stellungnahme vom Lieferanten. Wenn alles zusammenpasst und wir ein gutes Gefühl haben, ist der Preis nicht das ausschlaggebende Kriterium für eine Partnerschaft. Dann unterschreiben wir auch gerne den Folgekontrakt und freuen uns auf eine Zusammenarbeit, von der alle Beteiligten etwas haben.